Platt-Familie feiert 30 Jahre Platt in Kyritz
Die Wendewellen wogten noch hoch, als sich vor drei Jahrzehnten die Plattfreunde an der Jäglitz - besser bekannt als Kyritz an der Knatter, erstmals trafen. Aus den Wogen sind plätschernde Wellen geworden, mit denen sich jeder eingerichtet hat. Den niederdeutschen Freundeskreis gibt es immer noch und das will gefeiert sein. Genug Platz gibt´s im Kyritzer Klostergarten, wie Wolfgang Hörmann berichtet. Es ging dabei zu wie bei einer großen Familienfeier mit lieben Gästen, die sich schon lange kennen und immer mal wieder gegenseitig besuchen.
Schließlich fühlt man sich als "Anverwandte", gleichgesinnt in dem Bestreben, das Platt als Regionalsprache zu erhalten. Sie wohnen in Havelberg und Umgebung, in Wittstock und Putlitz sowie im havelländischen Großderschau. Den weitesten Weg in die Knatterstadt hatte Astrid Flügge, Geschäftsführerin im “Verein für Niederdeutsch im Land Brandenburg e.V.”, die aus Potsdam angereist war. Von fast nebenan kam die Kyritzer Bürgermeisterin. Nora Görke zeigte sich nicht zum ersten Mal als Unterstützerin der Frauen und Männer, die sich der Regionalsprache Platt verschrieben haben.
Gemeinsam verbrachte die gut gelaunte Schar bei Kaffee, Kuchen und Wurst vom Grill mehrere Stunden in Erinnerung an viele gemeinsame Erlebnisse in der Traditionspflege. Verdient gemacht haben sich darum besonders die bisherigen Vorsitzenden Heinz Müller, Fritz Neye und Gabriele Ellfeldt, deren aktuelle Nachfolgerin Angret Thiele wurde. In einfühlsamen Worten hatte die Frau aus Vehlow eingangs an die kürzlich verstorbene Annemarie Ostermeier erinnert. Sie war eine so fleißige wie leidenschaftliche Verfasserin von Texten up Platt, die mittlerweile zahlreiche Ordner füllten und zu einem wertvollen Fundus angewachsen sind. Dass so ein Jubiläum wie das jetzige begangen werden konnte, daran hatte die Frau mit Talent zum Schreiben, Sinn für Humor und einer großen Portion Mutterwitz erheblichen Anteil. Die Anwesenden ehrten sie mit einer Schweigeminute.
Wie es mit den "Frünn" einst begann, hing aber zunächst mit anderer Weiblichkeit zusammen. Hilde Klohs, Lisa Selle, Irene Berg und Wally Arndt sahen "ihre Sproak" Anfang der Neunziger in ernste Gefahr. Es war im September 1992, als sie sich dagegen organisierten und Gleichgesinnte um sich scharten. Zu ihnen gehörte der Lehrer Heinz Müller aus Stüdenitz, der 1993 den Vorsitz des bis heute bestehenden Freundeskreises mit derzeit etwa 20 Mitgliedern übernahm. Sie treffen sich traditionell an jedem 1. Mittwoch im Monat, um Vertellers auszutauschen, Veranstaltungen zu bereichern oder Exkursionen zu unternehmen. So gab es in der Vergangenheit unter anderem Teilnahmen am plattdeutschen Festival in Großderschau, an der Veranstaltung "Wortspiel" in der Rehfelder Kirche, Lesungen aus Texten des Dichters Fritz Reuter oder des bekanntesten Plattsnackers der Region Ernst Stadtkus. Die Kyritzer gehörten 2014 zu den Gründungsmitgliedern des Vereins für Niederdeutsch in Brandenburg und stellen in Angret Thiele auch ein Mitglied im Vorstand.
Das hatte beim Geburtstagsfest reichlich zu tun, durfte Hände schütteln und Geschenke entgegen nehmen, musste Regie führen und im Minichor der Kyritzer unter Leitung von Akkordeonspieler Hermann Trilck kräftig mitsingen. Der Mann an den Tasten war wie die "Chefin" gleichzeitig auch noch Teil der Versorgungskette. Die Gäste, die selbst Programmteile beisteuerten, bedankten sich mit Applaus für Schnack, Kunst und Kost. Fotos afl